Anette Opgenoorth: „Als Frau muss man härter arbeiten, um das gleiche zu erreichen“
Anette Opgenoorth: „Als Frau muss man härter arbeiten, um das gleiche zu erreichen“
Anette Opgenoorth führt gemeinsam mit ihrem Mann Thorben Schröder den Landgasthof Westrich. Im Interview verrät sie, wie die Gastronomie attraktiver werden kann für Frauen, warum sie manchmal mit ihrem Mann aneinander gerät und wann es von Vorteil ist, in ihrer Position eine Frau zu sein.
Text: Katrin Börsch
kollex: Frau Opgenoorth, seit wann sind Sie in der Gastronomie tätig und wie kam es dazu?
Anette Opgenoorth: Ich bin seit 25 Jahren in der Gastronomie tätig. Mit 14 habe ich als Spülmädchen angefangen. Das habe ich über fünf Jahre hinweg gemacht – dann neben dem Abitur – und habe mich hochgearbeitet zur stellvertretenden Restaurantleitung. Ich wollte immer eine Ausbildung zur Köchin machen, das hat man mir aber ausgeredet, weil mit Abitur mache man keine Kochausbildung, wurde mir gesagt. Damit verschenke man sein Abitur. Deshalb habe ich nach dem Abi meine Ausbildung zur Assistentin für Hotelmanagement gemacht – zwei Jahre Schule und anschließend war ich für ein halbes Jahr im Veranstaltungsverkauf im Schloss Reinhartshausen Kempiniski. Dann war ich ein weiteres halbes Jahr im Schlosshotel Hugenpoet in Essen.
Dann haben Sie aber doch eine Kochausbildung gemacht. Warum?
Es war ja eigentlich schon immer mein Wunsch, Köchin zu werden. Der Hoteldirektor dort hat mich bestärkt und meinte, dass man eine Kochausbildung doch immer nochmal machen könnte. Das habe ich dann auch gemacht – mit Zusatzqualifikation Küchen- und Servicemanagement. Und dann bin ich raus in die große weite Welt nach Hamburg und habe dort in der Speicherstadt als Köchin gearbeitet, wo ich auch meinen Mann kennengelernt habe. Der wollte dann für einen Freund arbeiten, der gerade ein Restaurant eröffnet hat. Da war aber nur eine Stelle in der Küche offen, also habe ich gesagt, dass ich wieder zurück in den Service gehe. Seitdem tingeln wir gemeinsam durch die Weltgeschichte. Das Restaurant hat dann tatsächlich auch einen Stern bekommen. Anschließend bin ich zurück ins Schlosshotel Hugenpoet gegangen, wo ich als Restaurantleitung tätig war und dann sind wir in die Selbstständigkeit gestartet. Am 16. Juni 2016 haben wir den Landgasthof Westrich eröffnet.
Was war denn zuvor an Ort und Stelle des Landgasthof Westrich und kann man dort auch übernachten?
Das war der alte Bauernhof meiner Eltern, wir haben die Scheune umgebaut. Der Landgasthof ist ein reines Restaurant. Wir arbeiten aber auch an einer Schlafoption, wir träumen von zehn Chalets mit einer Wellnessoption, weil wir auch die entsprechende Nachfrage haben. Aber der Landgasthof liegt mitten am Vogelschutzgebiet, total außerhalb und der Bebauungsplan gibt so etwas leider aktuell nicht her. Also wenn wir so zehn Jahre in die Zukunft schauen, dann hätten wir das schon gerne.
Wofür steht der Landgasthof Westrich?
Die drei Dinge, die hier wichtig sind, sind „Land“, „Gast“ und „Hof“. Erstens liegen wir total ländlich und versuchen so viele Produkte wie möglich aus der Region zu beziehen. Zweitens: Die Gäste stehen im Mittelpunkt. Und drittens: Wir haben das Ganze auf dem Hof meiner Eltern aufgezogen, inmitten von Kuhwiesen und Obstbäumen und mit der schönsten Terrasse weit und breit.
Ihr Mann steht hinter dem Herd im Landgasthof Westrich. Wofür sind Sie zuständig?
Unsere Kinder sagen immer, Mama ist die Service-Feuerwehr und ich glaube, das trifft es ganz gut. Im Prinzip bin ich Einzelspielerin im Büro, mache den gesamten Veranstaltungsverkauf, kümmere mich um unser Frühstücksbüffet an Sonn- und Feiertagen und springe immer dann im Service ein, wenn Not am Mann ist. Bei Hochzeiten und an Sonntagen bin ich auch immer da, weil ich auch ehrlich gesagt, schlecht loslassen kann. Das ist ein persönlicher Tick von mir. Also ich übernehme die administrative Ebene im Büro, bin aber auch operativ tätig.
Wie fühlt es sich an, als Frau eine leitende Funktion in einer Männerdomäne zu haben?
Die Gastronomie ist da schon im Wandel. Wenn man sich mal umschaut, dann stellt man fest, dass es immer mehr Köchinnen gibt, was ich toll finde. Und auch die Kellnerinnen sind auf dem Vormarsch. Trotzdem sind wir noch in vielen Geschäftsbereichen ganz klar männerdominiert. Aber ich finde, wir Frauen passen hervorragend in diese Branche und ich fühle mich total wohl.
Sie haben in Ihrer Vita zahlreiche Stationen durchlaufen. Gab es da auch mal negative Diskriminierungserfahrungen?
Ich glaube, dass man als Frau härter arbeiten muss, um das gleiche zu erreichen und dass man sich gerade in der Küche beweisen muss. Da wird dann sowas gesagt wie die kleine Kochazubine, die kann das sowieso nicht, das muss wer anders machen. Ich glaube, dem muss man etwas entgegensetzen – mit mehr Leistung und mehr Können. Darüber hinaus setzen die ganzen alten Küchenchefs voraus, dass ein zwölf-bis-14 Stunden-Tag völlig normal sei. Aber wir haben ja nicht mehr 1980, sondern 2024. Ich glaube, mit diesem langsam voran schreitenden Wandel in der Branche, werden wir es nicht weit bringen. Man kann einen Dienstplan auch mal vier Woche im Voraus schreiben kann und man kann auch geregelte Arbeitszeiten haben, obwohl man in der Gastronomie arbeitet. So wird man auch mehr Frauen in die Gastronomie bekommen. Denn Frauen sind ja diejenigen, die klassischerweise für die Familien zuständig sind. Wir haben zum Beispiel ganz viele Mütter in Teilzeit im Betrieb beschäftigt. Fast 20 Prozent unserer Arbeitnehmerinnen macht das aus. Wir sind hier im Betrieb generell viel mehr Frauen als Männer.
Verhalten Sie sich als Chefin anders als ein Mann das in Ihrer Position tun würde?
Total. Mein Mann und ich laufen in unseren Führungsstilen gegeneinander. Wir führen komplett unterschiedlich und ich glaube, dass das am Geschlecht liegt. Letzte Woche ist zum Beispiel was schief gelaufen und ich habe meinen Kellnerinnen ein Feedback dazu gegeben und ich überlasse sie dann ihrer eigenen Reflektion. Ich denke, wir sind alle erwachsen, die wissen genau, was ich von ihnen möchte und ich brauche keinen Druck auszuüben. Vielleicht führe ich auch durch meine Eigenschaft als Mutter ganz anders als mein Mann. Der wählt ganz andere Worte. Dadurch knirscht es auch ab und zu in unserer Zusammenarbeit. Ich denke auch, dass Frauen Dinge ganz anders deuten und meinen. In so einem Frauen-lastigen Team wie wir das haben, ist es schwierig, wenn mein Mann etwas sagt und das aber komplett anders aufgefasst wird. Mein Mann ist eben sehr direkt und kann auch sehr gut von sich abgrenzen. Unsere Mädels nehmen wiederum vieles persönlich.
Ist es von Vorteil, in Ihrer Position, eine Frau zu sein?
Nein, das würde ich nicht sagen. Obwohl: Bei Verkaufsgesprächen für Hochzeiten ist es von Vorteil, eine Frau zu sein. Da muss man sehr viel Empathie haben. Ich glaube, dass bei Hochzeitsgesprächen ganz oft die Entscheidung bei der Braut liegt und das ist der einzige Moment, in dem es mir hilft, eine Frau zu sein. Weil man von Frau zu Frau sprechen kann.
Über kollex
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