„Es ist klar, dass es Safer Spaces für queere Personen geben muss“

„Es ist klar, dass es Safer Spaces für queere Personen geben muss“

Peter Fleming führt gemeinsam mit drei anderen Betreiber:innen das Wirtshaus fesch in München – ein queeres Wirtshaus. Im Interview erklärt er, warum es nach wie vor wichtig ist, sich für LGBTQ-Rechte einzusetzen und Safer Spaces zu schaffen.

Text: Katrin Börsch

 kollex: Das Wirtshaus fesch in München wird von gleich vier Betreiber:innen geführt: Du, Peter Fleming, dann Peter Süß, Maria Magdalena Neumann und Johann Eder. Wann habt ihr das Wirtshaus gegründet und wie kam es dazu?
Peter Fleming: Peter Süß und ich haben 20 Jahre lang das Harry Klein betrieben. Das war ein Techno-Club. Maria Magdalena, die alle Marlene nennen, kennen wir gut, da sie Video-Jockey-Artist bei uns war und Johann ist Gast bei uns gewesen. Das Harry Klein musste im Mai letzten Jahres schließen. Deshalb haben wir uns auf die Suche nach einem neuen Club begeben. Da ist uns das Wirtshaus, das zuvor das Restaurant Moro war, quasi in die Hände gefallen. Die Augustiner Brauerei, die das verpachtet, hat uns das angeboten. Das war im Sommer 2022. Ich habe innerlich innerhalb von einer Sekunde beschlossen, dass ich hier ein queeres Wirtshaus eröffnen möchte. Im Januar 2023 haben wir es dann umgebaut und am 10. Februar 2023 haben wir unsere Türen geöffnet.

Bild von den Betreibern des Wirtshaus fesch und Mitarbeitende der Augustiner Brauerei mit Biergläsern in der Hand

3. von links: Johann Eder, Mitte: Peter Süß, 2. von rechts: Marlene Neumann, 4. von rechts: Peter Fleming + Mitarbeitende der Augustiner Brauerei (Copyright: Sebastian Reiter)

Wie kam es dazu, dass ihr vier euch als Betreiber:innen gefunden habt?
Johann betreibt bereits das Wirtshaus Eder. Wir anderen kennen zwar alles andere in der Gastro, sind aber nicht Küchen-erfahren. Und dann meinten wir zu ihm, dass er doch mitmachen solle. Er ist jetzt für die Küche und die Personalführung zuständig. Marlene ist Künstlerin und für unsere Designs zuständig. Sie hat die Einrichtung gestaltet. Peter und ich kennen uns schon sehr lange, weil wir eben das Harry Klein zusammen betrieben haben. Das hat sich dann so ergeben, dass wir zusammen gefunden haben. Peter bezeichnet sich selbst als den Hausmeister und ich bin für alles, was mit Marketing zu tun hat, zuständig.


In eurem Wirtshaus verbindet ihr Tradition mit der Moderne. Ihr bietet Wirtshaus-Klassiker an und seid queer. Wie kann ein klassisches Wirtshaus diesen Spagat schaffen?
Ich finde das gar nicht so kompliziert und ich empfinde das auch nicht als Spagat. Historisch gesehen ist es so, dass es in der Augustiner Brauerei mal einen queeren Geschäftsführer gab. Der ist jetzt schon lange tot. Doch aufgrund dessen ist die Brauerei der queeren Szene nah und das passt alles wunderbar zusammen. Wir bieten klassische Wirtshaus-Küche an. Einige vegane Alternativen stehen natürlich auch auf der Karte. Samstags und sonntags gibt es bei uns Weißwurst-Frühstück. Ich wüsste auch kein anderes queeres Wirtshaus in Deutschland. Klar, es gibt queere Restaurants, aber ein queeres Wirtshaus ist mir noch nicht untergekommen. Wir haben da also schon ein Alleinstellungsmerkmal.

Wie kam es denn zum Namen Wirtshaus fesch?
Unsere Firma heißt tatsächlich Queer & Bier. So wollten wir das Wirtshaus auch ursprünglich benennen, das fand aber die Brauerei ein wenig ausgrenzend und so ist es dann das Wirtshaus fesch geworden. Wir betreiben auch gerade nebenbei einen queeren Popup-Biergarten über den Sommer bis zum 31. August. Der heißt fesch Biergarten und ist nicht angeschlossen ans Wirtshaus. Er befindet sich im Nußbaumpark, direkt am Sendlinger Tor und dort finden ab und zu Live-Konzerte statt.

Ihr versteht euch als queere Gastronomie. Sind denn auch die Betreiber:innen queer?
Zwei sind queer und zwei nicht. Peter und Marlene sind hetero. Es gibt aber niemanden, der das kritisieren würde, dass man als nicht-queere Person ein queeres Wirtshaus betreibt.

Bild von 3 Gästen im Wirtshaus fesch, die sich unterhalten und Wein und Bier trinken

Wirtshaus fesch (Copyright: Sebastian Reiter)

Was bedeutet es für dich, ein queeres Wirtshaus zu führen? Was ist die Philosophie des Hauses?
Als junger queerer Mann, der aus Nürnberg kam, bin ich damals mit 18 Jahren diese Straße hier entlang gelaufen. Das Glockenbachviertel war früher das schwule Ausgehviertel schlechthin. Wenn ich genau da ein eigenes queeres Lokal eröffnen kann, dann bringt mich das einfach nur zum Grinsen. Das ist schon so ein Traum. Für mich war es wahnsinnig wichtig, diese Location als queeren Ort zu bewahren, denn das vorherige Moro war ebenfalls ein queeres Restaurant.  Wir wollen ganz unkompliziert gute Gastgeber sein und aber auch einen Safer Space für queere Menschen bieten.

Wie gehst du als Gastronom damit um, wenn du queerfeindliche Übergriffe im eigenen Lokal beobachten?
Da schreite ich ganz vehement ein. Es kommt immer darauf an, was das für ein Vorfall ist. Mir ist zum Glück kein queerfeindlicher Vorfall bei uns im Betrieb bekannt. An Fasching ist mir aber aufgefallen, dass eine Frau von einem Mann belästigt wurde und da habe ich ein deutliches Wort gesprochen. Ich habe die Person nicht rausgeschmissen, weil das nicht so akut war. Aber ich habe das der Person sehr deutlich gemacht, dass so ein Verhalten bei uns nicht geduldet wird.

Warum ist es immer noch wichtig, sich für die Rechte der  LGBTQIA+ Community einzusetzen?
Schaut man sich die politische und gesellschaftliche Entwicklung an, dann ist klar, dass es Safer Spaces für queere Menschen geben muss. Ich betrachte die Verrohung des Gesellschaft ganz klar als Rückschritt. Man beobachtet das auch an den Übergriffen auf queere Personen. Die Zahlen steigen. Die LGBTQIA+ Rechte und die Gleichstellung sind noch lange nicht gegeben. Es gibt in Bayern immer noch keinen queeren Aktionsplan. Und wenn du siehst, dass die AfD auf dem Vormarsch ist, die ein völlig verqueres Gesellschaftsbild hat, dann muss man dagegen ankämpfen. Ich glaube nicht, dass die Arbeit aufhört.

 

Über kollex

kollex hat sich zum Ziel gesetzt, Gastronom:innen und Lieferanten auf digitalem Weg miteinander zu vernetzen, um Bestellungen in Zukunft einfacher und effizienter abwickeln zu können. Als führende Bestellplattform für Gastronomie und Großhandel ermöglicht kollex so die Digitalisierung einer Branche, die wie keine andere gesellschaftliches Miteinander prägt und aus einem Flecken Erde Orte der Begegnung schafft. So profitieren auch kleine und mittlere Unternehmen von der Digitalisierung – durch Zeitersparnis, Planbarkeit und effiziente Lieferungen. Damit auch im Zeitalter der Globalisierung ein breit gefächertes Angebot vom Publikumsliebling bis zum Geheimtipp erhalten bleibt. Das Berliner Tech-Start-up konnte seit dem Launch im Sommer 2019 bereits über 200 Getränkefachgroßhändler anbinden und mehr als 20.000 Nutzer:innen für die Bestellung via mobile App oder Webshop gewinnen. 

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