Food-Start-ups Teil I: Ach du heilige Krabbe! HOLYCRAB! geht Plagen an den Kragen

Food-Start-ups Teil I:
Ach du heilige Krabbe! HOLYCRAB! geht Plagen an den Kragen

Sozial, nachhaltig, kulinarisch. kollex präsentiert euch innovative Food-Start-ups, die die Welt ein wenig besser machen. Im ersten Teil dreht sich alles um HOLYCRAB! – ein Unternehmen, das sich invasiver Arten bedient. Angefangen hat alles mit einem Foodtruck.

Das Team hinter HOLYCRAB! (Copyright: HOLYCRAB!)

„Es gibt invasive Tier- und Pflanzenarten, die für den Naturschutz ein Problem und gleichzeitig aber auch für den Menschen ein kulinarisches Potential darstellen können“, erklärt Lukas Bosch das Grundprinzip von HOLYCRAB! Gemeinsam mit Partnerin Juliane und dem Gourmetkoch Andreas Michelus hat er das Start-up im Frühjahr 2019 ins Leben gerufen. Sie sehen sich als kulinarische Naturschützer:innen. 

Plage hier, Delikatesse dort

Invasive Arten sind ein weltweites Problem, sie zählen zu den fünf maßgeblichen Faktoren für eine rasant sinkende Biodiversität auf unserem Planeten. Viele dieser Arten sind dort, wo sie herkommen, hochgeschätzte Delikatessen. Zudem zählen Zutaten aus regionaler Jagd oder dem Wildfang sowohl in puncto Tierwohl, als auch qualitativ zu den wohl hochwertigsten Lebensmitteln. Also warum nicht etwas schmackhaftes daraus zubereiten? So oder so ähnlich dachten die Gründer:innen, als sie HOLYCRAB! starteten.

Die Krabbenschrippe (Copyright: Nino Halm)

Begonnen habe alles mit dem Roten Amerikanischen Sumpfkrebs, der sich im Berliner Tiergarten breit mache und andere heimische Arten verdränge, erinnert sich Bosch. Nachdem der Sumpfkrebs von der Stadt zum Abschuss bereit erklärt wurde, verarbeiteten die Nachhaltigkeits-Foodies das Krebstier und verkauften Krabbenschrippen aus einem Foodtruck heraus. Das sei gut angekommen, weiß Bosch. Also veranstaltete das Gründer:innen-Trio regelmäßige Fine Dining Events mit Mehr-Gänge-Menüs aus invasiven Arten wie ebenjenem Sumpfkrebs oder auch der Nilgans, die sich in Frankfurt am Main wohl fühlt. So kreierten sie quasi invasive Delikatessen. Der kulinarische Kopf dahinter war Andreas Michelus.

Corona als Game Changer

Als Corona kam, musste das Team umdenken. Der Foodtruck wurde verkauft und das Konzept umgestellt: „Wir haben uns aus dem Gastronomiebetrieb zurückgezogen und uns auf die Produktenwicklung von Lebensmitteln spezialisiert“, erklärt Bosch das neue Konzept. Koch Michelus sei daraufhin ausgestiegen, sei dem Start-up aber nach wie vor verbunden. Juliane und Lukas Bosch arbeiten mittlerweile mit einem weiteren Gesellschafter zusammen: Matthäus Marten kommt aus der Fischereiwirtschaft und vernetzt HOLYCRAB! mit diesem Zweig.

Die HOLYCRAB! Krabbenessenz (Copyright: HOLYCRAB!)

Das Start-up konzentriert sich nicht mehr ausschließlich auf gebietsfremde Arten, sondern auch auf abundante, also heimische Überpopulationen und Rohstoffe aus der Fischereiwirtschaft, die sonst weggeworfen würden. Doch welche Produkte entstehen nun im HOLYCRAB!-Labor? „Wir stellen gemeinsam mit dem Start-up ‚J. Kinski‘ Krabben- und Zanderessenz her“, erklärt Bosch. Erhältlich sind die Essenzen online und aus dem Glas. Während des Lockdowns hatten die HOLYCRAB!-Foodies zudem eine Bouillabaisse-Kochbox im Angebot. Momentan tüfteln sie an weiteren Produkten: „Solange das aber nicht spruchreif ist, verraten wir noch nichts“, sagt Bosch

Hedonismus versus Nachhaltigkeit

Die Bouillabaisse der Zukunft (Copyright: Nino Halm)

In der Gastro- und Lebensmittelbranche sind die Boschs Quereinsteiger:innen; sie kommen eigentlich aus den Bereichen Innovationsberatung und Zukunftsforschung. Hedonistische Nachhaltigkeit sei die Philosophie, die hinter ihrem HOLYCRAB!-Konzept stecke. „Wir beschäftigen uns da mit der Frage, warum sich Nachhaltigkeit bei uns oft wie Verzicht anfühlt“, erklärt Bosch. HOLYCRAB! biete hingegen die Möglichkeit, etwas Nachhaltiges zu tun und dabei hedonistisch zu handeln, nach dem Motto: „Je mehr wir von der invasiven Art essen, desto besser funktioniert das Prinzip“ – Fleisch essen mit gutem Gewissen also. Darum, wie man ökologisch sinnvoll handeln und gleichzeitig ökonomisch erfolgreich  wirtschaften kann, geht es auch in Julianes und Lukas‘ jüngst erschienenen Buch „ÖKOnomie“. Darin geben sie Einblicke in nachhaltiges und zugleich profitables Wirtschaften.

 

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