Gastro-Restart Teil I: Erleichterung am Ballplatz

Gastro-Restart Teil I: Erleichterung am Ballplatz

Nach sieben langen Lockdown-Monaten ist die Außen-Gastronomie in den meisten Teilen Deutschlands wieder geöffnet. In den nächsten Wochen teilen wir mit euch Erfahrungen von unterschiedlichen  Gastronom:innen zum lang erhofften Restart. Den Anfang macht Martin Mayer, Geschäftsführer der Wilma Wunder im Café am Mainzer Ballplatz.

Die Wiedereröffnung

Das Café am Ballplatz außen (Copyright: Wilma Wunder)

„Hier in Mainz durfte die Außen-Gastronomie am Donnerstag, den 27. Mai öffnen. Das haben einzelne Restaurants auch gemacht. Wegen des Wetters haben wir aber erst am Freitag eröffnet. Bei dem frischen, windigen Wetter hat es für uns keinen Sinn gemacht, schon am Donnerstag zu öffnen. Die Nachfrage für die Außen-Gastro wird einfach noch nicht so da sein, dachten wir uns. Das hat sich auch bestätigt. Mit der Sonne, die ab Freitag kam, sind die Leute auch wirklich in die Stadt reingelaufen. Bei uns war der Freitag ein Soft Start. Wir hatten gut was zu tun, wurden aber auch nicht überlaufen. Das war ganz gut für unsere Mitarbeiter, dass sie sich nach sieben Monaten Kurzarbeit wieder in die Prozesse einfinden konnten. Am Samstag und am Sonntag haben sich die Gäste quasi die Klinke in die Hand gegeben. Ich war von morgens bis abends damit beschäftigt, die Leute auf der Terrasse zu platzieren. Am Samstag war sozusagen Halli Galli.” 

Erste Gedanken zur Öffnung

Das Wilma Wunder von innen (Copyright: Wilma Wunder)

“Nach sieben Monaten wieder Gäste empfangen zu können, fühlt sich erleichternd an. Zum Einen in monetärer Hinsicht: Wir hatten sieben Monate lang mehr Ausgaben, als Einnahmen. Wir hatten beispielsweise kein to go- und delivery, sodass wir uns mit den Finanzhilfen über Wasser halten mussten. Dass jetzt wieder Umsätze reinkommen und Erträge erzielt werden, ist eine enorme Erleichterung. Aber auch in psychischer Hinsicht ist die Wiedereröffnung eine Erleichterung: Gerade für die Mitarbeiter ist es gut, wieder eine Perspektive zu haben. Sie können wieder arbeiten und sich ihrem regulären Alltag widmen. Sie haben neben der privaten Säule nun wieder die Arbeitssäule. Das sorgt für Ruhe und Zuversicht und stimmt mich als Geschäftsführer total glücklich. Ich schaue in lächelnde Gesichter, es haben alle Lust, zu arbeiten. Auch wenn der Samstag stressig war, haben alle gestrahlt und waren happy.”

Das Wilma Wunder Durchstarter-Frühstück (Copyright: Wilma Wunder)

Erste Reaktionen der Gäste

“Die Gäste sind genauso glücklich wie unser Personal, wenn nicht sogar noch ein bisschen mehr. Über sieben Monate konnte man fast nichts machen und jetzt wieder so am Leben teilnehmen zu können, in Gesellschaft zu sein und auch am Nachbartisch ein bisschen Smalltalk zu halten, das ist für die Gäste wirklich fantastisch. Sie bringen auch viel Verständnis auf: Wir Gastronomen haben ja zurzeit die Funktion von Kontrolleuren, sozusagen. Wir müssen viele Fragen stellen, Impf-, Genesenennachweise und Tests kontrollieren. Ich war am Eröffnungswochenende hauptsächlich damit beschäftigt. Aber auch damit gehen die Leute easy um. Sie zeigen Verständnis, auch wenn es mal ein bisschen länger dauert und sie am Eingang warten müssen. Sie sind froh, dass sie in Gesellschaft sind, einen Tisch haben, sich zurücklehnen und einfach nur den Tag genießen können.”

Die Bürokratie

“Wir alle verstehen, dass es nach wie vor schwierig ist, mit der Corona-Pandemie umzugehen. Wir Gastronomen finden es aber trotzdem unglücklich gelöst, dass wir als Kontrolleure arbeiten müssen. Das ist mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden, sodass der Fokus kaum noch auf der Arbeit am Gast liegt. Wir müssen uns um so viele andere Prozesse kümmern, wodurch die Zeit am Gast verloren geht und das ist eine regelrechte Katastrophe. Ich finde ab einem niedrigen Inzidenzwert von 20 oder 30 könnte man einfach jetzt schon sagen, dass gewisse Dinge entfallen. Es gibt Regionen in Rheinland-Pfalz, die liegen schon bei 20. Da habe ich kein Verständnis dafür, dass die dortigen Gastronomen noch im gleichen Ausmaß Kontrollen durchführen müssen, wie dort, wo der Inzidenzwert noch viel höher ist. Das geht sehr zu Lasten der Betriebe.” 

Die Testsituation

“Viele Gastronomen bieten ja auch die Durchführung von Tests im Restaurant an. Dafür haben wir im Wilma Wunde die Manpower nicht. Das können wir Personal-technisch gar nicht stemmen. Über die sieben Monate der Schließung hinweg, sind ja doch die einen oder anderen Mitarbeiter gegangen. Dadurch wird das Personal, das da ist, in die Hauptarbeit eingespannt. Wir haben aber das Glück, dass direkt am Ballplatz, wo auch die Wilma Wunder ansässig ist, ein Testzentrum aufgebaut wurde. Wir können also alle Gäste, die ohne Tests zu uns kommen, freundlich darauf hinweisen, dass direkt nebenan der kostenlose Bürgertest gemacht werden kann. Das ist eine sehr glückliche Situation für uns am Ballplatz.”

Kaffee und Kuchen im Wilma Wunder (Copyright: WIlma Wunder)

Der Blick in die Zukunft

“Von den nächsten Tagen und Wochen erhoffe ich mir zwei Dinge: Einmal, dass es nicht zu einem weiteren Lockdown kommt und das zweite ist, dass die Gäste hoffentlich auch nach dem großen Eröffnungsschub noch in gleichem Maße Lust haben, raus in die Gastro zu gehen – auch wenn die Bestimmungen noch ein bisschen unbequem sind. Wir denken, dass es gerade einen Boom gibt, der aus der siebenmonatigen Schließung hervorgeht, und hoffen, dass dieser Boom nicht abflaut.” 


Martin Mayer (Copyright: Wilma Wunder)

Martin Mayer, 29 Jahre alt, betreibt die Wilma Wunder im Café am Ballplatz in Mainz – ein Ganztageskonzept mit moderner, urbaner, deutscher Küche von Frühstück über Mittagessen, Kaffee und Kuchen, bis hin zu Abendessen. Mayer ist als Quereinsteiger in die Gastronomie gekommen: Ursprünglich war er als Verwaltungsfachangestellter tätig und wollte sich 2015 eine Auszeit vom öffentlichen Dienst nehmen. So fing er an, hinter einer Bar zu jobben. Er merkte, dass ihm der Beruf des Gastronomen mehr Spaß machte und stieg 2017 zum Serviceleiter im Wilma Wunder auf. 2018 übernahm er die Betriebsleitung und 2020 die Geschäftsführung. 

 

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