Gastro-Restart Teil V: Nervosität in der Hauptstadt

Gastro-Restart Teil V: Nervosität in der Hauptstadt

Jeniffer Mulinde-Schmid betreibt ein schweizerisches Restaurant in Berlin-Kreuzberg. Sie ist dankbar für die Hilfen vom Staat, würde einen dritten Lockdown jedoch nicht überleben. Uns hat sie erzählt, wie sie mit der unsicheren Situation umgeht.

Fotos: Impressionen der Schweizer Spezialitäten (Copyright: Schwarze HEIDI)

„In Berlin hat die Außen-Gastronomie am 21. Mai eröffnet, seit dem 4. Juni können wir auch Gäste in Innenräumen empfangen. Ich habe meinen Betrieb `Schwarze HEIDI‘ in Kreuzberg am 10. Juni eröffnet. Das war der erste Tag, ab dem die Gäste keine Tests mehr mitbringen mussten. Ich vermute, dass die Testpflicht eine Hürde für viele Gäste dargestellt hat – für mich selber ja auch.

Ursprünglich wollte ich erst am 1. Juli aufmachen. Diesen Entschluss habe ich aber zu einem früheren Zeitpunkt getroffen, als die Zahlen noch recht hoch waren. Mit den sinkenden Corona-Infektionszahlen und der Aussicht, dass die Fußball-Europameisterschaft, die wir übertragen, anstand, dachte ich mir, dass es günstiger wäre, früher zu eröffnen. Und so habe ich es dann auch getan.”

Hüttenzauber im Sommer

Impressionen des ehemaligen Hütten-Fondue-Popups (Copyright: Schwarze HEIDI)

“Zurzeit habe ich alle Hände voll zu tun mit dem Location-Wechsel meines Hütten-Fondue-Popups. Ich führe also für mein zweites Konzept direkt nach dem Lockdown mit dem Restart einen Location-Wechsel durch. Eigentlich ist das Hütten-Fondue-Popup ein Winterkonzept. Aber da ich so einen geilen neuen Standort habe, habe ich beschlossen, schon im August zu eröffnen. Auch der feste Standort in Kreuzberg ist ein Winterkonzept. Aktuell ist es aber so, dass die Gäste auch in der warmen Jahreszeit super gerne zu uns kommen. Sie sind quasi auf Entzug. Deshalb haben wir in der letzten Zeit in der `Schwarzen HEIDI‘ auch die Terrasse renoviert. Auf die habe ich früher nie besonderen Wert gelegt, weil die meisten Gäste im Winter sowieso nicht draußen sitzen möchten. Jetzt spielt das aber eine wichtige Rolle – auch, weil sich viele Menschen nach wie vor draußen an der frischen Luft sicherer fühlen. 

Nach den sieben Monaten endlich wieder Gäste empfangen zu können, fühlt sich für mich ganz toll an. Ich bin Gastgeberin durch und durch. Ich liebe, was ich tue und liebe es, wenn Menschen gerne in meinen Laden kommen und glücklich nach Hause gehen. Mein Koch aus dem Hütten-Fondue-Popup hat mich im Laufe des Lockdowns verlassen, weil er nicht gedacht hätte, dass ich überleben würde. Das ist eine traurige Geschichte mit einem Happy End, weil er jetzt wieder zurückgekommen ist und sich wahnsinnig freut. Auch die Resonanz von den Gästen ist super. Die Leute sind einfach mega happy, dass wir wieder offen haben. Ich habe gemerkt, dass wir viele Stammgäste haben und mittlerweile eine echte Kiez-Größe sind.”

“Schwarze HEIDI”-Inhaberin: Jeniffer Mulinde-Schmid (Copyright: Schwarze HEIDI)

Dritter Lockdown würde das Aus bedeuten

“Ob die Politiker:innen alles richtig gemacht haben im letzten Jahr, das kann ich nicht sagen. Ich persönlich bin jedenfalls nicht enttäuscht von der Politik: Wir haben Kurzarbeiter:innengeld erhalten, sodass wir Gastronom:innen nicht alles selbst stemmen mussten. Dank der Hilfen geht es mir aktuell nicht schlecht. Ich war sogar sehr entspannt während des Lockdowns. Es ist der Restart, der mich gerade nervös macht, weil ich lange keinen Umsatz mehr generiert habe. Die Mitarbeiter:innen sind wieder zurück aus der Kurzarbeit und ich habe Druck, Umsatz machen zu müssen. Ich kann nicht einfach eine Null fahren. Die vergangenen Schließungen habe ich gut überlebt. Wenn wir im Herbst wieder einen Lockdown bekommen, dann bin ich aber am Arsch. So viel ist sicher.”

Jeniffer Mulinde-Schmid kam mit einem Jahr als Tochter einer ugandischen Mutter, die durch ihren Stewardessen-Job eine große Affinität zur Schweiz entwickelt hatte, in die Alpenrepublik und wuchs dort auf. Schmid ist eigentlich gelernte Schauspielerin und arbeitete als Comedienne. Ein Schicksalsschlag brachte sie dazu, ihren Schauspielerinnenjob vorerst an den Nagel zu hängen. Sie ging als Quereinsteigerin in die Gastronomie und eröffnete 2015 das schweizerische Restaurant in Berlin-Kreuzberg, dem sie ihren Künstlerinnennamen „Schwarze HEIDI“ gab. Zurzeit zieht sie mit ihrem zweiten Hütten-Fondue-Popup in eine neue Location.

 

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