Jahresrückblick Teil 1: Das hat die Gastro-Branche 2021 bewegt
Jahresrückblick Teil 1: Das hat die Gastro-Branche 2021 bewegt
Von der Geisterküche, über den Lieferroboter, bis hin zur Pizzamaschine – es ist viel passiert in der ersten Jahreshälfte. Nach einem viel zu langen Lockdown bescherte dann der Gastro-Restart eine fulminant freudige Jahresmitte.
Januar
Mit dem 1. Januar 2021 beginnt ein neues Jahrzehnt! Doch der Start ist nicht besonders glücklich: Am 6. Januar gibt die Bundesregierung den zweiten harten Lockdown bekannt. Die Gastronomie ist bereits seit November 2020 vom „Lockdown Light“ betroffen und somit bis dato schon seit zwei Monaten für die Bewirtung geschlossen. Viele Gastronom:innen setzen auf ausgeweitete To-Go- und Lieferangebote.
kollex unterstützt Gastronom:innen in der Krise mit der Lokalrunde. In dem Webinar wird über Buchhaltung, Marketing und Restart-Strategien informiert.
Einer der bekanntesten Frankfurter Gastronomen, Sam Kamran, ist gestorben. Der Macher der „Always Hungry Group“ wurde tot in seiner ausgebrannten Wohnung gefunden.
Expansion bei Wolt: Der finnische Lieferdienst bietet seinen Service in Deutschland neben Berlin jetzt auch offiziell in Frankfurt am Main und München an.
Der Münchener Gastronom und frühere Wiesnwirt Roland Kuffler verstarb im Alter von 83 Jahren.
Februar
Den Stillstand der Gastronomie dokumentieren Helena Heilig und Susanne Fiedler. Sie sind die Initiatorinnen des Kunstprojekts „Wirte im Lockdown“ und fahren seit März 2020 durch die Republik, um Gastronom:innen zu besuchen. Daraus entstehen Schwarz-Weiß-Fotografien, auf denen die betroffenen Wirt:innen mit ernsten Mienen in ihren verwaisten Gasträumen posieren. „Wir möchten den Wirten ein Gesicht in der Krise geben. Unser Kunstprojekt befindet sich so lange im Prozess, wie der Lockdown andauert“, sagt Heilig.
Ein neuer Küchentrend kommt nach Deutschland: Ghost Kitchen nennt sich das Geschäftsmodell, in dem rein fürs Außer-Haus-Geschäft gekocht wird und mehrere Konzepte an einem Küchenstandort bedient werden können. Mit Vertical Food ist bereits seit 2017 ein deutscher Pionier in Berlin ansässig und betreibt acht digitale Restaurants.
Hilfen jetzt auch für Große: Das Bundeswirtschaftsministerium hat das System angepasst, sodass nunmehr auch Anträge auf bis zu 2 Millionen Euro gestellt werden können.
März
Neuer Food-Trend: Mitten im Lockdown eröffnet Cihan Anadologlu einen der ersten Premium-Döner-Imbisse in München. Auf der Karte des Hans Kebap stehen neben den Klassikern Döner mit Wagyu Beef oder Trüffel. In Berlin, der mutmaßlichen Geburtsstadt des Fast Food existieren bereits zwei weitere Konzepte dieser Art: K.W.A. („Kebap With Attitude“) und Ø27.
Der renommierte Restaurantführer Guide Michelin erscheint! Große Gewinner sind etwa die Schwarzwaldstube*** im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn, das Esplanade** in Saarbrücken, das Öschnoir** im Hotel Öschberghof in Donaueschingen und das Restaurant Goldberg in Fellbach**. Aufgrund der Corona-Lage findet die Auszeichnung als digitales Live-Event in Paris statt.
Kritik an Auszahlungsstopp: Der Gastgeberkreis moniert den Stopp der ohnehin schon schleppend fließenden Corona-Hilfen. „Das bricht unser Branche das Genick“, so der Zusammenschluss von über 200 Unternehmen aus dem Gastgewerbe. Grund für das Aussetzen der Zahlungen ist der Verdacht, dass es bei Hilfszahlungen vermehrt zu Betrug komme.
Tübingen wird zur Modellstadt: Seit Anfang März läuft hier der Versuch, bei dem ein negativer Corona-Test als Vorlage für ein Tagesticket reicht, um etwa Museen oder die Außengastronomie zu besuchen. Doch die Inzidenzwerte steigen Ende März wieder an und die Stadt entscheidet, die Tickets nicht mehr an Auswärtige zu vergeben.
Am 22. März ist es genau ein Jahr her, dass die Restaurants im ersten Lockdown schließen mussten. Viele hatten ihre Betriebe im Sommer und Herbst 2020 zwar wieder geöffnet, von Normalbetrieb kann aber keine Rede sein. Stimmen nach einem Gastro-Restart zu Ostern werden laut.
In Rheinland-Pfalz darf die Außengastronomie an Orten mit einer Inzidenz unter 100 öffnen. In Mainz öffnen die Terrassen am 28. März – und schließen sich am 31. März direkt wieder, aufgrund von steigenden Infektionszahlen.
April
Die sogenannte Bundesnotbremse wird im Eilverfahren beschlossen. Diese greift ab einer Sieben-Tages-Inzidenz über 100 und sieht die Schließung der Gastronomie vor. Nur Take Away ist dann noch erlaubt.
Ein beliebtes Instrument: Seit ihrem Start im Herbst 2020 nutzen immer mehr Gastronom:innen die luca-App zur Kontaktnachverfolgung. Selbst die Kritik an Sicherheitslücken tut dem Trend keinen Abriss.
Innovatives Start-up: Die kostenlose App gegen Foodwaste „Too Good To Go“ hat den Focus-Innovationspreis 2020 gewonnen. Das Social Impact Business, das sich gegen Lebensmittelverschwendung engagiert, konnte sich gegen 24 weitere Nominierte durchsetzen.
Mit dem ersten „Drive-thru-Test-Center“ auf dem Parkplatz der L’Osteria Köln-Lövenich beteiligt sich Gastro-Unternehmer Kent Hahne am Kampf gegen die Corona-Pandemie.
Das Start-up „Pitsa“ bringt einen Roboter auf den Markt, der vollautomatisch Pizza backt. P800 heißt der Pizzaroboter, der seit Mitte April vor allem in süddeutschen Universitäten und Krankenhäusern anzutreffen ist und zügig ganz Deutschland erobern soll.
Mai
Die Initiative „Gastgeberkreis“ macht in einer Aktion am Deutschen Bundestag auf die prekäre Lage der Gastronomie aufmerksam. Am 10. Mai wird die bekannte Wurstbude „Wurst am Brandenburger Tor“ zur Gedenkstätte der deutschen Gastronomie umgebaut. Mit der Inszenierung „Das letzte Ma(h)l“ kredenzen die Macher:innen etwa „Currywurst mit Perspektivlosigkeitssoße“, „Frustenbraten“ und „Große Grütze mit Ungleichheitssoße“.
Uber Eats expandiert auf den deutschen Markt und startet seine Offensive in Berlin. Bis Ende des Jahres wird die Gastro-Lieferplattform ihr Netzwerk auf elf weitere deutsche Städte ausweiten.
Die Inzidenz sinkt und der Restart steht in den Startlöchern: Nach langen sieben Monaten des Lockdowns öffnet die Gastronomie in einem Stufen-Plan allmählich wieder ihre Türen. Die Freude seitens der Gastronom:innen und Gäste ist groß.
Juni
Trotz Restart läuft das Geschäft aufgrund der Corona-Auflagen nur gebremst. Das geht aus einer Branchenumfrage hervor, die der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) veröffentlicht hat. Die gastgewerblichen Betriebe verzeichneten im Mai Umsatzeinbußen von 67,8 Prozent, im Vergleich zum Mai 2019. 60,9 Prozent der Unternehmer:innen geben demnach an, dass sie aufgrund der gültigen Corona-Auflagen wie Testpflicht, Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote nur schwer eine Perspektive sehen, rentabel wirtschaften zu können.
DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges zum Personalmangel in der Gastronomie: „Wir haben 130.000 Beschäftigte verloren“. Der Hintergrund: Während des zurückliegenden Corona-bedingten Lockdowns haben viele Gastronomie-Mitarbeiter:innen neue Jobs gesucht. Die Zahl der Beschäftigten habe sich um etwa zwölf Prozent verringert.
Food-Innovation: Das neu gegründete Unternehmen Delisch Food will 100 Prozent biozertifizierte Gerichte direkt an die Haustüre liefern. Nach der Eröffnung zweier Stores in Berlin-Mitte, sollen weitere Ghost Kitchens hinzukommen.
Nicht Science Fiction, sondern Wirklichkeit: Durch Berlin rollt ein Delivery Roboter, namens DiscoPeter und liefert Essen aus. Gemeinsam mit den Start-ups DiscoEat und Teraki hat die Burgergrill-Kette Peter Pane den metallenen Helfer entwickelt.
Erfreuliche Statistik: Im Juni 2021 lag der Umsatz im Gastgewerbe mehr als 60 Prozent über dem Vormonat Mai. Das meldet das Statistische Bundesamt. Die Umsätze sind demnach kalender- und saisonbereinigt real (preisbereinigt) um 61,7 Prozent und nominal (nicht preisbereinigt) um 63,9 Prozent gestiegen. Wermutstropfen: Doch liegen die Umsätze insgesamt noch immer mehr als 40 Prozent unter Vorkrisenniveau.