2G: Gemischte Gefühle bei Gastronom:innen

2G: Gemischte Gefühle bei Gastronom:innen

Zutritt nur noch für Geimpfte und Genesene? Dies ist bereits Realität in Berliner Clubs, sowie in Hamburger Restaurants und Diskotheken, die sich dazu bereit erklärt haben. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg folgen. Was halten Clubbetreiber:innen und Gastronom:innen von 2G?

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Ohne Maske im Club eng gedrängt tanzen – diese Vorstellung dürfte für viele mittlerweile eine sentimentale Erinnerung an die Zeiten vor der Pandemie sein. Doch seit dem 4. September ist genau das wieder in Berlin möglich. Eine Einschränkung gibt es dabei doch: Der Zugang zu Clubs und Diskotheken gilt ausschließlich für Geimpfte und Genesene (2G). Getestete schließt die sogenannte 2G-Regel aus. Juristisch begründet wurde dies durch ein Gerichtsurteil des Berliner Verwaltungsgerichts vom 20. August. Das in der Hauptstadt bisher noch geltende ausnahmslose Verbot gewerblicher Tanzveranstaltungen in geschlossenen Räumen sei im Hinblick auf den Personenkreis der Geimpften und Genesenen unverhältnismäßig, entschied das Gericht. 

„In mir wehrt sich alles gegen 2G“

Bei Clubbetreiber:innen löst die neue Regelung gemischte Gefühle aus. Dominique Van Hyt, Betreiberin des Insomnia Nightclubs, ist alles andere als erleichtert und schreibt dazu auf Facebook: „Ich habe eine alptraumhafte Nacht verbracht, weil ich mir Gedanken gemacht habe über Partys mit ‚ungetestet und 2G‘ und in mir wehrt sich alles dagegen! Die Nachrichten von Impfdurchbrüchen häufen sich und ich möchte mich ja auch im Club entspannen.“ In ihrem Betrieb bleibe es „leider nur bei 2G“. Van Hyt ruft Besucher:innen ihres Clubs trotz der gelockerten Regelung deshalb dazu auf, „bitte einen tagesaktuellen Schnelltest mitzubringen“. 

Vorreiterin des sogenannten 2G-Optionsmodell ist die Hansestadt Hamburg. Seit dem 28. August dürfen hanseatische Gastronom:innen und Clubbetreiber:innen selbst wählen, ob 2G oder 3G im eigenen Betrieb gelten soll. Dabei entfallen auch bisherige Abstandsgebote: Sitzplätze und Mobiliar können wieder frei angeordnet werden und die Testpflicht entfällt. Das würde auch bedeuten, dass Säle wieder komplett besetzt und Räume gefüllt werden könnten. 

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„2G bedeutet für uns die Ausgrenzung von Gästen“

Viele Gastronom:innen sehen 2G kritisch, so auch Fernsehkoch und Hamburger Restaurantbetreiber Tim Mälzer. Gemeinsam mit Geschäftspartner Tim Rüther führt er das Lokal Bullerei. Auf dem Instagram-Profil des Restaurants schreiben sie, dass der Senat sich durch die Einführung des 2G-Optionsmodells vor einer Entscheidung drücke. Die Regelung könne zwar Clubs, Kneipen und Diskotheken einen Hauch Normalität ermöglichen. Aber: „Für uns bedeutet sie die Ausgrenzung von Gästen, Nichtgeimpften, Nichtdurchgeimpften, Schwangeren, manchen Allergikern und anderen“. Mälzer und Rüther stellten als Gastgeber „mit Leidenschaft die Stühle und Tische auf, an denen solche Fragen (und besser noch die wirklich wichtigen) diskutiert werden können und sollen“. In ihrer Bullerei jedenfalls gelte weiterhin 3G. 

„2G schützt meine Gesundheit und die meiner Gäste“

Eine andere Perspektive hat Carlos Roczek. Der Wiesbadener Gastronom betreibt den Pub Roczek‘s und hat sich noch vor Einführung des Optionsmodells in Hessen dazu entschieden, 2G ab dem 13. September in seinem Laden geltend zu machen. Er mache sich Sorgen um seine Gesundheit und die seiner Gäste, deshalb habe er sich zu dem Schritt entschieden. „Wenn in der Kneipe alle nah beieinander sitzen, ist es einfach besser, wenn alle geimpft oder genesen sind“, sagt der Gastronom. In den sozialen Medien schlugen ihm dafür Hass und sogar Gewaltandrohungen entgegen: Auf Facebook kündigte ein User an, sich Zutritt zum Pub mit einem G3-Gewehr zu verschaffen. Ein anderer zog einen Vergleich zur Nazi-Zeit und meinte, Nicht-Geimpfte würden gebrandmarkt. Das trifft den Gastronomen sehr. Ihm ginge es schließlich bloß darum, ein möglichst ungetrübtes Kneipengefühl herzustellen.

Die Mehrheit der Betriebe wollen noch kein 2G

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Ein Stimmungsbild zu 2G hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) eingefangen: In einer Umfrage zur wirtschaftlichen Lage haben 78,6 Prozent der befragten Gastronom:innen die derzeitige Einführung der 2G-Regel in ihren Betrieben abgelehnt. Von einer freiwilligen Einführung der 2G-Regel im Rahmen des Hausrechts planen 21,4 Prozent der Betriebe Gebrauch zu machen. Sollten mit Einführung der 2G-Regel wie in Hamburg allerdings Auflagen, wie zum Beispiel das Abstandsgebot, wegfallen, wäre jeder dritte Betrieb (32,8 Prozent) bereit, die 2G-Regelung einzuführen, 49,4 Prozent würden das noch nicht tun, 17,8 Prozent zeigten sich unentschlossen. Die seit August bundesweit geltende 3G-Regelung wurde von 58,5 Prozent der Teilnehmer:innen als positiv oder eher positiv bewertet. An der Umfrage des DEHOGA beteiligten sich in der Zeit vom 31. August bis 5. September 5.600 gastgewerbliche Betriebe aus ganz Deutschland.

Die Politik ist sich uneins

Auch in der Politik ruft die 2G-Regelung Befürworter:innen und Kritiker:innen auf den Plan: Laut SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sind ab Herbst striktere Corona-Maßnahmen erforderlich, um die Infektionskurve zu senken. „Wenn die Zahlen weiter so steigen, müssen wir vermehrt 2G einführen – je früher, desto besser“, sagte er dem Portal Business Insider. Einen weiteren Lockdown halte er nicht für nötig. Gegen die Einführung der 2G-Regelung ist die Linke. Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Partei, betrachtet die Exklusion nicht geimpfter Menschen von diversen kulturellen und sozialen Aktivitäten als „einen schwerwiegenden Eingriff in ihre, durch das Grundgesetz geschützte, allgemeine Handlungsfreiheit“. Er halte die 2G-Regel daher „für nicht verhältnismäßig und für zutiefst unsolidarisch“, so zitiert ihn das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 

Wo gilt 2G?

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Momentan ist Deutschland bei der Frage nach 2G ein Flickenteppich: Als erstes Land hat Hamburg die Option auf 2G in Clubs, Diskotheken und Gastronomie eingeführt. In Berlin gilt 2G derzeit ausschließlich für Tanzclubs und zwar verpflichtend, nicht aber für Kneipen und sonstige gastronomische Betriebe. Aber auch über die Einführung der 2G-Option in die Gastronomie beraten Berlin und Brandenburg derzeit. Rheinland-Pfalz hat seit dem 12. September eine sogenannte 2G-Plus-Regel: Zusätzlich zu Geimpften und Genesenen wird einer begrenzten Zahl von Menschen der Zugang ermöglicht, die weder geimpft noch genesen sind, aber einen negativen Test vorweisen können. Hessen hat seit dem 16. September ähnliche Regelungen. In Baden-Württemberg gelten seit dem 13. September die bislang schärfsten Corona-Regeln mit zwei Stufen, die auch für Ungeimpfte Folgen haben. Die erste Warnstufe tritt demnach in Kraft, wenn in dem Land 250 Intensivbetten mit Corona-Patient:innen belegt sind. Dann müssen Ungeimpfte einen negativen PCR-Test vorweisen, um ins Restaurant gehen zu können. Die nächste Stufe – die sogenannte Alarmstufe – löst die 2G-Regeln aus. In Bayern sollen Geimpfte, Getestete und Genesene gleichgestellt bleiben, 2G sei „theoretisch möglich und nicht verboten, aber nicht vom Staat vorgeschlagen“, sagte Söder. 

In den anderen Bundesländern diskutiert die Politik derzeit über die mögliche Einführung des Hamburger Optionsmodells. Noch liegt die Entscheidung darüber bei den einzelnen Ländern. Ob 2G einst auf bundesweiter Ebene eingeführt und die Nachfolge von 3G bildet, steht völlig offen. Das wird sich im Hinblick auf das Infektionsgeschehens in den Herbst- und Wintermonaten und den weiteren Impffortschritt zeigen.