Ein Kommentar von Lothar Menge zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie

“Flexibilität, Fokussierung und Digitalisierung sind die neuen Erfolgsfaktoren für die Gastronomie”

Der Lockdown hat die Gastronomie- und Getränkebranche hart getroffen. Lothar Menge, Branchenexperte und Geschäftsführer von kollex, äußert sich über die Konsequenzen der Pandemie und mögliche Entwicklungen der Branche.

Ein neuer Status Quo

Die Pandemie hat eine nicht für möglich gehaltene Krise ausgelöst, die sowohl die Getränkeindustrie, die Gastronomie als auch die gesamte Wirtschaft erschüttert hat. Eine Vorbereitung darauf war nicht möglich. Es überstehen und profitieren diejenigen Unternehmen, die bereits zuvor nachhaltig gewirtschaftet und eine hohe Anpassungsfähigkeit an den Tag gelegt haben.

Den Totalschaden vermeiden und mit einem blauen Auge davonkommen

Eine der erfolgreichsten Rettungsstrategien war, alle nur möglichen Kosten drastisch herunterzufahren und den Kunden einen Abhol- und Lieferservice zu offerieren und dabei gleichzeitig auf ihre Solidarität zu bauen. Mit intelligent eingesetzten Ideen, Mut und Flexibilität wurden aus Gästen Freunde und Partnerschaften zu Lieferanten wurden vertieft. Auch das Internet hat dabei seinen Beitrag geleistet: Aus Gästen mit sonst geringer Affinität zu Facebook, Instagram und Co. wurden zum Teil Shop-Besteller, die ihre Speisen online ordern und so ihren Alltag bereichern. Dabei dürfen auch die Unterstützung und Hilfsaktionen vieler Hersteller sowie Lieferanten nicht außer Acht gelassen werden, ohne die viele Unternehmer die Krise wirtschaftlich nicht überstanden hätten. 

Der Blick in die Glaskugel

Photo by Joanna Boj on Unsplash

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Wie sich die nächsten Monate entwickeln werden, kann niemand vorhersagen. Solange das Wetter zum Verweilen und Konsumieren unter freiem Himmel einlädt, ist die Situation für viele Gastronomen erträglich. Sollte über den Winter jedoch keine medizinische Lösung verfügbar sein und sich parallel sogar eine zweite Welle entwickeln, werden die laufenden Kosten an den letzten Reserven zehren. Dann werden Betriebsschließungen und -insolvenzen in enormer Höhe leider nicht auszuschließen sein.

Deswegen gilt es, aus der Realität eine neue Normalität für die Zukunft zu gestalten

Die Gastronomie ist für viele Menschen ein verlängerter Wohnraum und für das soziale Miteinander unverzichtbar. Es ist unser aller Aufgabe, die Branche so zu unterstützen und zu gestalten, dass sie gut mit den neuen Herausforderungen umgehen kann. Jeder Gastronom muss sich selbst und sein Unternehmen ein Stück weit neu erfinden und an die neuen Gegebenheiten ausrichten. Auch der Staat ist für diese Branche mit Millionen von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in besonderem Maße verantwortlich. Schnelle und unbürokratische Unterstützung in Form von Zuschüssen und Darlehen sowie eine dauerhafte Reduzierung der MwSt. sind die  wichtigsten Instrumente in diesem Zusammenhang.

Gegen Pandemien und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen gibt es keinen Masterplan. Jeder unternehmerisch tätige Gastronom ist stattdessen in der Verantwortung, seine eigene Form von Flexibilität zu kreieren und in sein Unternehmen zu integrieren. Weg von überbordenden Angeboten, klarer Fokus auf klare Produktgruppen, einfach, rentabel und leicht umsetzbar. Weg von analogen, nicht systematisierten Prozessen, weg von starren Geschäftsmodellen und weg von tradierter Kommunikation. Die Zukunft der Branche ist auch eng mit der Digitalisierung aller möglichen Prozesse verbunden. 

Jetzt aktiv werden, um auf den Winter vorbereitet zu sein

Photo by Florian Schmetz on Unsplash

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Wie sich das restliche gastronomische Jahr gestalten wird, ist ungewiss. Gerade deswegen ist es wichtig, jetzt aktiv zu werden, um bestmöglichst auf den Winter vorbereitet zu sein: 

Es gilt, Gasträume nach neuen Hygienestandards zu gestalten, um das Ansteckungsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren. Die Liefer- und Abholstrukturen im Falle einer zweiten Welle sollten fest etabliert sein. 

Das wohl Wichtigste bleibt weiterhin, dass die direkte Kommunikation zum Kunden, vor allem auch über digitale Medien, verbessert wird. Sei es über Social Media oder die Webseite. Präsenz im Leben der Kunden wird über den Erhalt der Gastronomie mitentscheiden. Wenn die Pandemie eines gezeigt hat, dann, dass die Solidarität in der Bevölkerung da ist. Man muss nur ihre Aufmerksamkeit erregen.

 

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