Gastro-Konzepte der Zukunft Teil 2: Robo-Service im Hafenrestaurant Grömitz

Gastro-Konzepte der Zukunft Teil 2:
Robo-Service im Hafenrestaurant Grömitz

Tim Bornewasser setzt in seinem Hafenrestaurant auf künstliche Intelligenz (KI), um den Betrieb zu optimieren und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal zu schaffen. Zum Einsatz kommt BellaBot, ein Service-Roboter.

Portrait von Tim Bornewasser vor dem Hafenrestaurant

Copyright: Hafenrestaurant Grömitz

Seit Herbst 2021 surrt ein kleiner Roboter durch das Hafenrestaurant Grömitz. Als eines der ersten Restaurants in Deutschland hat Inhaber Tim Bornewasser den kleinen runden Automaten in seinen Betrieb integriert. Die KI hört auf den Namen BellaBot und erinnert ein wenig an R2-D2 aus dem Film Star Wars. Nicht Sciencefiction, sondern Realität ist der Robotereinsatz nunmehr in Bornewassers gutbürgerlichem Fischlokal an der Ostsee. Die KI hat sich bei ihm bewährt: Ab April geht der zweite Serviceroboter im Hafenrestaurant Grömitz an den Start.

Rückenschmerzen nach 40 Jahren Teller tragen: „Ich wollte meine Mutter entlasten“

Wie kam der Gastronom auf die Idee? Während des langen zweiten Lockdowns habe Bornewasser viel Zeit gehabt, sich über sein Restaurant Gedanken zu machen: „In einer Reportage über die Gastronomie in China sah ich einen Betrieb, in dem Roboter bedienten. Das hat mich fasziniert“. Er habe an seine Mutter denken müssen, die seit 40 Jahren in der Gastronomie tätig sei und von der anspruchsvollen Arbeit im Service Rückenprobleme bekommen habe. „Ihr bringt der Job jedoch viel Spaß und sie wüsste nicht, was sie anderes machen wollte“, betont Bornewasser. So fragte er sich, wie er seine Mutter entlasten könnte. Der Serviceroboter aus der Fernsehreportage schien ihm das richtige Mittel dafür zu sein.

Bild von Tim Bornewasser und BellaBots Im Restaurant

Copyright: Hafenrestaurant Grömitz

18.000 Euro kostet der Service-Bot

Für die Anschaffung des Bots investierte Bornewasser rund 18.000 Euro netto. Darin enthalten seien Transport, Aufbau und Programmierung. Eine staatliche Förderung für das digitale Mittel habe er nicht erhalten. „Da es sich um eine Software- und eine Hardwarelösung handelt und diese beiden Komponenten in der Theorie nicht explizit voneinander getrennt werden könnten, habe ich für die Anschaffung keine Unterstützung erhalten“, erklärt Bornewasser die Begründung der Behörden. Laut eigener Kalkulation spiele der Robotereinsatz jedoch in 121 Arbeitstagen die hohe Investition wieder ein und mache sie somit profitabel.

Nimmt die KI Arbeitsplätze weg?

„An BellaBots erstem Einsatztag kam direkt das Worst-Case-Szenario“, erinnert sich Bornewasser. Aufgrund von krankheitsbedingten Ausfällen musste er den Betrieb mit nur drei Servicekräften stemmen. Bornewasser selbst steht hinter dem Herd seines Hafenrestaurants. „Bei 80 Sitzplätzen wäre das eigentlich nicht zu bewältigen gewesen. Aber dank BellaBot haben wir das geschafft“, freut sich der gelernte Hotelfachmann. Ob der Roboter den Menschen die Jobs abnehme? „Nein, er verbessert die Arbeitsbedingungen und sorgt dafür, dass ich meinen Mitarbeiter:innen bessere Löhne zahlen kann“, sagt Bornewasser. Der Einsatz von Servicerobotern könne auch dem gegenwärtigen Problem des Personalmangels entgegenwirken.

„Servicekräfte können sich ganz auf die Gästebetreuung konzentrieren“

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Wenn der Serviceroboter die Teller an die Tische transportiert, könnten sich Servicekräfte auf das Wesentliche konzentrieren – die Gästebetreuung, findet Bornewasser. „Ein Teller wiegt im Schnitt eineinhalb bis zwei Kilo“, rechnet er vor. „Und schon rein koordinativ kann eine Person keine acht Teller tragen“. BellaBot aber habe vier Ebenen, die man jeweils mit zehn Kilo belasten kann. Beim Abräumen sei dies ein Segen: „Man kann auf einen Schlag 40 Kilo Geschirr abtransportieren“. Das erspare den Servicekräften Laufwege und beschleunige die Abläufe enorm, schwärmt Bornewasser. Bei den Gästen jedenfalls komme der Serviceroboter durchweg gut an: „Vor allem für die Kleinen ist Bella eine wahre Attraktion“, sagt Bornewasser. Der Roboter in Kätzchenform könne mittels KI- Stimme, Lichtspielen, Berührungsempfindlichkeit und intelligenter Mimik multimodal kommunizieren.

Wie funktioniert die KI?

Mittels optischer und sogenannter Laser SLAM-Technik ortet und navigiert sich der Roboter in den Räumen. Dabei wird dem Gerät ein bestimmter Bereich zugewiesen, in dem es sich bewegt. Die Küche belädt also die BellaBots mit dem fertigen Essen und der Roboter bringt das Essen per Knopfdruck zu dem entsprechenden Tisch. Auch für das Abräumen betätigen Servicemitarbeiter:innen einen Button an ihrem Arm oder rufen den Roboter per Sprachsteuerung. Eine Servicekraft belädt BellaBot mit dem Geschirr und lässt es in die Küche zurückbringen. Dies funktioniere nicht nur mit Essen, sondern auch mit Getränken.

Copyright: Hafenrestaurant Grömitz

Moderne Technik in traditionellem Ambiente

Ob das Gerät jemanden überfahren könne? Das hält Bornewasser für ausgeschlossen: „Durch die Navigationstechnik und 3D-Erkennung weicht Bella Hindernissen aus und Zusammenstöße werden verhindert. Der Roboter kann zudem in 0,2 Sekunden stoppen“, erklärt der technikaffine Gastronom. BellaBot könne zudem Unebenheiten überwinden und Stöße dämpfen. Intelligente Ablagen mit Infrarot-Sensorik ermöglichen ein deutlich schnelleres Servieren. Eine Akkuladung hält circa zwölf bis 24 Stunden, der Schnellwechsel-Akku könne bei Bedarf ausgetauscht werden und ermögliche so auch einen längeren Betrieb.

Digitalisierung trifft Nachhaltigkeit

Bornewassers Restaurant sei komplett durchdigitalisiert. Kürzlich habe er seinen Betrieb sogar so umgestellt, dass er ohne Papier auskommt. Elektronische Systeme, Apps und ausgeklügelte Hardware machten dies möglich, sagt Bornewasser stolz. Sogar für einen Internetausfall habe er vorgesorgt: „Wir haben zwei WLAN-Netzwerke für alle Fälle“. BellaBot jedenfalls surrt gänzlich ohne Netzwerkverbindung durch den Gastraum.  

 
 

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