Preissteigerungen in der Gastronomie: „In unserem Geschäft ist die Küche das A und O und die frisst Energie“

Preissteigerungen in der Gastronomie: „In unserem Geschäft ist die Küche das A und O und die frisst Energie“

Nach zwei ohnehin schweren Pandemiejahren bereiten Inflation und drastisch gestiegene Energiekosten Gastgeber:innen Kopfschmerzen. Und der Winter steht erst bevor. kollex hat drei Gastronom:innen gefragt, wie es ihnen damit geht.

Cihan Anadologlu (Copyright: Daniel Esswein)

Im Telefonat mit dem Münchner Gastronomen Cihan Anadologlu ist Papierrascheln im Hintergrund zu hören. Er habe mal seine Stromrechnungen von April 2021 und April 2022 zum Vergleich herausgekramt. „Im Vorjahresmonat waren es noch 2.377 Euro und für etwa den gleichen Stromverbrauch sind wir dieses Jahr schon bei 6.383 Euro – also beim Dreifachen. Wir haben insgesamt von Januar bis April 2022 nur für den Strom 20.000 Euro mehr gezahlt“, rechnet der Gastronom hoch. In seinem Dönerladen, dem Hans Kebab, werde kein Gas, sondern Strom als Energiequelle bezogen: „Gottseidank! Sonst wären die Mehrkosten ja noch viel höher“. 

„Wir mussten die Verkaufspreise erhöhen, da kommt man nicht drum herum“

Durch die Inflation seien neben Obst und Gemüse auch Getränke und vor allem Fleisch teurer geworden. „Dementsprechend mussten wir auch die Verkaufspreise erhöhen, da kommt man nicht drumherum, wenn man auch den Anspruch hat, die Qualität zu halten“, meint er. 8,50 Euro koste jetzt ein normaler Döner im Hans Kebap, im Oktober müsse er die Preise nochmal erhöhen, bedauert Anadologlu. Die Gäste seien jedoch verständnisvoll: „Es sind ja alle von den gestiegenen Kosten betroffen“. Ob er Einsparmaßnahmen tätige? „In unserem Geschäft ist die Küche das A und O und die frisst halt Energie. Wir können die Fritteuse nicht je nach Bedarf an- und ausschalten“, gibt der Gastronom zu bedenken. Aber immerhin: „Wir drehen die Induktionsplatten nicht mehr auf die höchste Stufe und schalten die Lüftung zwischen dem Mittags- und dem Abendgeschäft aus“. 

Heizkosten im Winter: „Da wir vor Ort backen bleibt uns die Restwärme der Öfen“

Franziska Geese (Copyright: gramm.genau)

Viele Gastronom:innen klagen auch über Lieferprobleme aufgrund gestiegener Spritkosten. Bei gramm.genau in Frankfurt am Main gehört es zum Konzept, ressourcenschonend und möglichst nachhaltig zu wirtschaften. Von Lieferverzögerungen sind die gramm.genau-Betreiberinnen daher nicht betroffen: „Wir bestellen bei unseren Lieferanten schon immer sehr effizient, genauso viel wie wir brauchen, sodass nicht täglich ein LKW zu uns fahren muss“, sagt Franziska Geese. Gemeinsam mit Jenny Fuhrmann betreibt sie den Unverpacktladen mit angeschlossenem Café. „Unsere Karte mussten wir trotzdem anpassen, da einige Rohstoffe und auch Personalkosten steigen und wir generell von weniger Zulauf betroffen sind“, sagt Geese. Anders als Anadologlu erhalten die gramm.genau-Betreiberinnen keine monatlichen Stromrechnungen, sondern müssen auf die Nebenkostenabrechnung warten, um ihre genauen Mehrkosten zu erfahren. „Wir spüren die Auswirkungen höherer Energiekosten derzeit noch nicht so sehr, aber wir rechnen damit, dass es Ende des Jahres so weit sein wird“. Das Team hofft trotzdem, die Kosten im Winter unter Kontrolle zu halten: „Da wir vor Ort backen bleibt uns die Restwärme der Öfen“, erklärt Geese. 

„Ein Drittel der Gastro wird sterben“ 

Carsten Menges (Copyright: Katrin Börsch)

Weniger Hoffnung hat Carsten Menges. Er betreibt mit dem Weißgold in Frankfurt eine Weinbar mit hessischen Tapas. Seine Zukunftsprognose ist düster: „Ein Drittel der Gastro wird sterben“ – darüber seien sich er und viele seiner Kolleg:innen sicher. „Die gestiegenen Einkaufspreise bei den Lebensmitteln können wir nicht vollständig an die Gäste weitergeben. Dann müssten wir jedes Gericht um drei bis vier Euro teurer machen und kein Gast würde mehr kommen“, sagt er. Hinzu komme das befürchtete Corona-Infektionsgeschehen im Winter. Viele Leute hätten weiterhin Angst, sich in geschlossene Räume zu begeben. „Wir haben zwei Heizpilze auf unserer Terrasse und so eine Gasflasche ist nach zwei Abenden leer. Wir haben früher pro Flasche 20 Euro bezahlt und ich weiß nicht, wie sich die Preise da entwickeln werden“, sagt der Gastronom. Er befürchte auch, dass das Weihnachtsgeschäft ähnlich wie im vergangenen Winter nahezu ausbleiben werde.  

DEHOGA-Umfrage: steigende Energiepreise als größte Herausforderung

Copyright: Pruthvi Sagar on unsplash.com

Der gesamten Wirtschaft und den Verbraucher:innen machen gestiegene Preise derzeit zu schaffen: Laut der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) stiegen die Erzeugerpreise von Januar bis Juni 2022 gegenüber dem Vorjahr um 14,4 Prozent. Statista meldet, dass die Verbraucherpreise in Deutschland im August 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,9 Prozent gestiegen sind. Die Inflation arbeitet. Hinzu kommen exorbitant hohe Energiekosten: Der Strompreis hat sich mehr als verdoppelt, der Gaspreis mehr als verdreifacht und das Geschehen bleibt weiterhin dynamisch, melden Verbraucherzentralen.

Der Deutsche Hotellerie- und Gaststättenverband (DEHOGA) hat Ende August 3.000 Gastronom:innen befragt, wie es ihnen unter diesen Bedingungen geht. 89,0 Prozent der befragten Betriebe sehen steigende Energiepreise ganz oben im Problem-Ranking. 56,3 Prozent berichten von angekündigten Preissteigerungen bei Strom, die durchschnittlich 103,8 Prozent betragen. Bei 60,8 Prozent der Betriebe werden sich die Gaspreise um durchschnittlich 152,4 Prozent erhöhen. „Der Kostendruck im Gastgewerbe nimmt weiter zu“, sagt Guido Zöllick, Präsident des DEHOGA. Dabei sei zu beachten, dass rund 40 Prozent der Betriebe noch keine Information ihres Energieanbieters erhalten hätten. 

 

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