Wolt und DiscoDelivery machen Lieferando Konkurrenz
Wolt und DiscoDelivery machen Lieferando Konkurrenz: Ist Lieferandos Monopolstellung in Gefahr?
Nachdem Lieferando 2018 Foodora, Pizza.de und Lieferheld aufgekauft hatte, sah es erstmal rosig aus für den Liefer-Riesen. Doch neuerdings gehen Wolt und DiscoDelivery auf dem Berliner Markt in die Offensive und machen Lieferando die Monopolstellung streitig.
Der Lieferservicemarkt wird wieder etwas diverser. Knapp zwei Jahre lang hatte Lieferando quasi eine Monopolstellung auf dem deutschen Markt. Das gelang Ende 2018 durch einen gewaltigen Coup: Takeaway, die Muttergesellschaft von Lieferando, hat die Dienste Foodora, Lieferheld und Pizza.de aufgekauft. Delivery Hero, das Mutterunternehmen von Foodora und Lieferheld zog sich damit vom deutschen Markt zurück, kurz darauf auch Deliveroo. Dadurch wurde Takeaway mit Lieferando über Nacht zur Marktmonopolistin in Deutschland.
Lukasz Gadowski investiert in Wolt
Das hat sich in den vergangenen Monaten geändert. Im August dieses Jahres hat das finnische Unternehmen Wolt den deutschen Markt anvisiert und sein Geschäft zunächst in den Berliner Bezirken Mitte und Prenzlauer Berg gestartet. Hinter Wolt steckt ein in der Start-Up-Szene durchaus bekanntes Gesicht: Miki Kuusi hatte als Co-Founder „Slush“ ausgerichtet – eine der wichtigsten europäischen Messen für Tech-Unternehmen. 2014 gründete Kuusi dann Wolt in Helsinki. Das Portal „Gründerszene“ schreibt, dass Kuusi seitdem ein Kapital von 258 Millionen Euro durch Investor*innen generieren konnte: „etwa von Mark Zuckerbergs Investoren-Club Iconiq Capital, dem Just-Eat-Finanzier 83North, EQT Ventures, einem Fonds von Goldman Sachs sowie Risto Siilasmaa, Interims-CEO und Aufsichtsrat von Nokia“, so das Portal. Alleine im Mai dieses Jahres hätten Gesellschafter 100 Millionen Euro in das Start Up gesteckt. Mitte Oktober ist dann die nächste Finanzspritze durch Delivery-Hero-Mitgründer Lukasz Gadowski erfolgt. Er investierte rund 7,5 Millionen Euro in das finnische Unternehmen. Kürzlich hat der finnische Lieferdienst einen Deal mit Burger King an Land gezogen: In den Berliner Bezirken Pankow (Prenzlauer Berg) und Friedrichshain liefert Wolt nun auch Whopper, Fritten & Co. Eine Ausweitung sei in Planung. „Wir beginnen mit einem Restaurant, das den Prenzlauer Berg und Friedrichshain beliefert, und werden hoffentlich bald viele weitere in unser Angebot aufnehmen.", sagt Patrick Dümer, Regional General Manager bei Wolt.
DiscoEat startet DiscoDelivery
Seit Beginn der Corona-Krise zeichnet sich ein Trend hin zu Essenslieferungen, weg von klassischen Restaurantbesuchen ab. Lieferplattformen und -services sind also Gewinnerinnen in der Krise. Das haben auch die Macher von DiscoEat verstanden. Deshalb hat die Reservierungsplattform, die 2019 auf den Markt kam, nun auch umgesattelt: Wegen des Markteinbruchs in der Corona-Krise hat das Berliner Start Up sein Portfolio erweitert und DiscoDelivery ins Leben gerufen. Das Prinzip der Reservierungsplattform DiscoEat erklärt Co-Founder Moritz Heininger folgendermaßen: „Mit unserem Geschäftsmodell helfen wir Gastronom*innen ihren Betrieb auch zu Nebenzeiten auszulasten“. Sie hätten also die Möglichkeit, ihre Preise bei nicht voll ausgelastetem Betrieb „dynamisch zu gestalten“, indem sie zum Beispiel 30 Prozent Nachlass auf die Speisen geben. So sei der Restaurantbesuch für die Gastronom*innen trotzdem profitabel, weil sie somit ihre Kapazitäten effizient ausgenutzt hätten, sagt Heiniger. „Vor etwa zwei Monaten haben wir das Liefergeschäft mit in unseren Dienst integriert. Auch hier können Gastronom*innen Preisnachlässe bestimmen“, erklärt der Co-Founder. Dabei fokussiert sich der Dienst auf die Plattform, die Auslieferungen müssen Restaurants selbst übernehmen.
Selbst liefern oder liefern lassen?
Doch worin bestehen die preislichen Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern? DiscoDelivery kostet Gastronom*innen erschwingliche zehn Prozent des Warenkorbs. Im Unterschied dazu erhebt Lieferando bei der reinen Nutzung der Lieferplattform 13 Prozent. Der Marktführer setzt überwiegend auf den Plattformbetrieb, eine kleine eigene Lieferflotte ist ergänzend unterwegs. Lassen die Restaurants zudem von Lieferando-Kurier*innen ausliefern, werden satte 30 Prozent des Umsatzes fällig. Die Konkurrentin Wolt hingegen bietet ein Gesamtpaket und arbeitet ausschließlich mit eigener Lieferflotte. „Wolt erhebt eine Kommission von seinen Restaurantpartnern. Die Höhe der Kommission bewegt sich auf dem marktüblichen Niveau von 30 Prozent des Bestellwerts. Die Hälfte der Kommission finanziert die Gehälter der Kuriere, während die andere Hälfte Wolt für den Erhalt und Ausbau seines Geschäfts bleibt. Damit finanziert Wolt die Gehälter der Mitarbeiter, die Entwicklung der Technologie, das Marketing und so weiter.“, heißt es in einem Statement. Begonnen haben die Mitstreiterinnen Wolt und DiscoDelivery ihre Offensive auf dem Liefermarkt in Berlin. DiscoDelivery ist zudem bereits auch in Köln abrufbar. Ab nächster Woche ist auch Take Away über die Plattform möglich – vorerst in Berlin.
Die Erfolgsgeschichte des Liefergeschäfts in der Krise nimmt auch im „Lockdown light“ keinen Abriss. Im Gegenteil: Restaurants dürfen keine Gäste empfangen, aber ausliefern und Essen zum Abholen anbieten. Das dürfte den Plattformen in die Hände spielen. Ob sich Wolt und DiscoDelivery längerfristig auf dem hart umkämpften Markt behaupten können, gilt abzuwarten. In naher Zukunft lässt sich das möglicherweise an der Expansion der Lieferdienste in andere deutsche Städte ablesen.