Warum gibt es so wenige Behinderte in der Gastronomie? Nikolaos Sisalouis: „Ich glaube, ihnen fehlt der Mut“

Warum gibt es so wenige Behinderte in der Gastronomie? Nikolaos Tsampikos Sisalouis: „Ich glaube, ihnen fehlt der Mut“

Nikolaos Sisalouis ist körperlich behindert, war DJ, wurde dann Kneipenwirt. Dass man als behinderter Mensch trotzdem ein ganz normales Leben führen kann und wie er mit Behindertenfeindlichkeit umgeht, erklärt er im Interview.

Text: Katrin Börsch

Eingang der Kneipe mit dem Namen Niko's Treff über der Tür

Niko´s Treff (copyright: Niko´s Treff)

Niko, du bist Geschäftsführer der Kneipe Niko’s Treff in Hamburg-Bergedorf. Wie kam es dazu?
Ich bin 1976 geboren, mein Vater war Arbeiter, meine Mutter Näherin. Die haben sich 1979 gesagt, jetzt wollen wir uns was eigenes aufbauen. Dann hat mein Vater eine Kneipe gekauft und seitdem waren meine Eltern Gastronomen. 2008 haben wir dann Niko’s Treff neueröffnet. Seitdem bin ich dort der Chef. Das ist die siebte Kneipe in Familienhand. Ein griechisches Restaurant war auch dabei. Mittlerweile leben meine Eltern nicht mehr und ich mache das weiter. Zuvor habe ich Musik aufgelegt, da habe ich vier Tage die Woche in drei Clubs aufgelegt.

Was ist denn das Konzept von Niko’s Treff?
Wir sind eine Fußball-Kneipe, hier kommen viele Fußballer rein und wir zeigen natürlich auch die Spiele. Außerdem kann man bei uns an zwei Geräten Dart spielen.

Du bist Grieche. Denkst du, das hat auch mit der griechischen Gastfreundschaft zu tun, dass du und deine Familie Gastronom:innen seid?
Ja, bestimmt. Aber ich kann auch anders.

In welchen Situationen kannst du anders?
Wenn ich nicht ernst genommen werde, wenn Leute über mich lachen und wenn sie mich wegen meiner Behinderung diskriminieren. In der Kneipe muss man nicht nur freundlich sein, sondern auch mal Arschloch sagen.

Bild von Nikolaos Tsampikos vor der kneipe Niko's Treff

Nikolaos Tsampikos Sisalouis (copyright: Niko´s Treff)

Darf ich dich fragen, was du für eine Behinderung hast?
Ich bin körperlich behindert. Also ich kann schon laufen, aber nicht so wie ein normaler Mensch, sondern ich humpele. Meine rechte Hand ist spastisch gelähmt. Während der Geburt konnte meine Mutter gar kein Deutsch und die Krankenhäuser waren auch noch recht rückständig. Ich wurde mit der Saugglocke rausgezogen und ich litt an Sauerstoffmangel. Daher kommt meine Behinderung.

Hast du das Gefühl, dass deine Behinderung ein Hindernis in deiner Arbeit als Gastronom darstellt?
Ich bin damit aufgewachsen und kenne es nicht anders. Meine Gäste sind zufrieden mit mir. Ich gebe Bier raus und ich fluche auch. Also alles gut. Und wenn die Leute nicht zufrieden wären, dann wäre ich nicht da.

Wie gehst du damit um, wenn ein behinderter Gast diskriminiert wird?
Dann fliegt die betreffende Person raus.

Gab es schon Situationen, in denen du diskriminiert wurdest, aufgrund deiner Behinderung?
Ja, die gibt es öfters. Wenn ich sage, es gibt kein Bier mehr, du hast genug, dann kommen schon auch öfters mal Beleidigungen aufgrund meiner Behinderung.

Kennst du andere Gastronom:innen mit Behinderung?
Leider nicht. Hier in Bergedorf bin ich der einzige. Ich weiß aber, dass es in Hamburg ein Hotel gibt, in dem Behinderte arbeiten.

Woran könnte es liegen, dass es so weniger behinderte Menschen in die Gastronomie zieht?
Ich glaube, ihnen fehlt der Mut. Viele Behinderte arbeiten in Behindertenwerkstätten, wo nur noch Behinderte um sie herum sind. Für ihre Arbeit erhalten sie 200 bis 300 Euro im Monat. Das ist doch kein Leben. Ich war da auch mal für drei Monate vor 30 Jahren. Und ich wurde gefragt, ob ich das wirklich machen will. Du gehörst nicht hier rein, du gehörst in den freien Arbeitsmarkt, hat man mir gesagt. Dann habe ich mein Ding gemacht mit meiner Musik, die ich aufgelegt habe.

Werbung für die cafeteria Kalimera Bom Dia mit einigen Abbildungen der Auswahl

Cafeteria Kalimera Bom Dia (copyright: Cafeteria Kalimera Bom Dia)

Wie kam es dazu, dass du dich vom DJ hin zum Kneipenwirt entwickelt hast?
Ich war viel in der griechischen Diskotheken-Betreiber-Szene drin und 2005/2006 ist das zurück gegangen. Die haben alle zugemacht, was dazu geführt hat, dass ich keine Arbeit mehr hatte. Dann hat mein Vater 2007 gesagt, lass uns eine andere Kneipe aufkaufen und die habe ich dann von meinem Vater übernommen. So entstand dann Niko’s Treff.

Gibt es andere Projekte, die demnächst bei dir anstehen?
Ja, die gibt es. Ich eröffne, gemeinsam mit meiner Frau, in sechs bis acht Wochen eine Cafeteria. Meine Frau ist Portugiesin und ich bin Grieche. Wir sind seit elf Jahren zusammen und haben zwei Kinder und wir wollen eine griechisch-portugiesische Cafeteria eröffnen.

 

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